Belletristik

Jostein Gaarder? Ist er Norweger?

Das ist er in der Tat, und nicht nur er. Norwegische Autoren betreten nun die literarische Weltbühne.

Norwegen ist bekannt für seine Autoren, vor allem im Theaterbereich. Henrik Ibsen(1828-1906), oft als Vater des modernen Theaters bezeichnet, hat mit seinen Werken die Entwicklung der Dramentechnik in Europa und den USA revolutioniert. Seine Stücke erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit und sollen nach Shakespeares Werken die am häufigsten aufgeführten Dramen der Welt sein. Ibsens Dramen analysieren und kritisieren die Gesellschaft und stellen existenzielle und psychologische Konflikte meisterlich dar.

Norwegen hat drei Literaturnobelpreisträger. Bjørnstjerne Bjørnsonerhielt den Nobelpreis im Jahr 1903 als „Auszeichnung seiner großartigen und vielseitigen Dichtung“. Knut Hamsun erhielt den Nobelpreis für Literatur 1920 für Segen der Erde. Auch sein früherer Roman Hunger gehört bis heute zu den wichtigsten Klassikern der norwegischen Literatur. Sigrid Undset wurde 1928 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet – für ihre fesselnde Beschreibung des Lebens im Mittelalter. Ihre Trilogie Kristin Lavranstochter wurde zum internationalen Klassiker, und ihre Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Jon Fosse, Foto: Tove Breistein

Moderne norwegische Literatur erhält weiterhin viel Aufmerksamkeit im Ausland. Jon Fosse ist nach Henrik Ibsen der am häufigsten aufgeführte und diskutierte norwegische Dramatiker und erhielt große internationale Anerkennung für seine Theaterstücke, die sich durch literarischen Minimalismus auszeichnen.

Seit einiger Zeit widmet er sich auch wieder der Prosa, ebenfalls mit großem Erfolg. Die Lizenzen für seinen wunderbaren Roman Trilogie wurden in über 20 Länder verkauft.

Die zeitgenössische norwegische Literatur durchlebt seit einigen Jahrzehnten ein neues Goldenes Zeitalter, und eine ganze Reihe von Autoren der Erzählliteratur macht sich international einen Namen.

Erik Fosnes Hansen, Foto: Marcel Lelienhof

Erik Fosnes Hansen gelang als erstem norwegischen Autor der internationale Durchbruch. Sein Roman Choral am Ende der Reise (1990) über einige fiktive Musiker an Bord der Titanic war weltweit unglaublich erfolgreich.

Per Pettersen, Photo: Baard Henriksen

Per Petterson wurde in 50 Sprachen übersetzt. Pferde stehlen bekam mehrere Preise in Norwegen und im Ausland. Für diesen Roman erhielt Petterson als erster norwegischer Autor den Literaturpreis Independent Foreign Fiction Prize beim The International IMPAC Dublin Literary Award.

Roy Jacobsen, Foto: Guri Pfeifer
Lars Saabye Christensen, Foto: Magnus Stivi

Zwei weitere für ihre Erzählkunst bekannte Autoren sind Lars Saabye Christensen und Roy Jacobsen. Saabye Christensen erhielt internationale Anerkennung für Bücher wie Yesterday und Der Halbbruder. Sein aktuelles und als Trilogie angelegtes Buch Byens spor (dt.: Echos der Stadt) ist eine stimmungsvolle Geschichte, die im Nachkriegs-Oslo spielt. Roy Jacobsen wählt für seine Trilogie ein komplett anderes Setting und schreibt über eine Familie, die ganz allein eine kleine Insel im Norden Norwegens bewohnt. Für den ersten Band seiner Trilogie Die Unsichtbaren wurde Jacobsen als erster nichtenglischer Autor für den Man Booker Prize nominiert. Er war auch in der engeren Auswahl für den International Dublin Literary Award.

Linn Ullmann, Foto: Agnete Brun

Linn Ullmann gehört mit fünf in insgesamt 34 Sprachen übersetzten Veröffentlichungen zu den meistverkauften norwegischen Autoren im Ausland. Ihr Roman Das Verschwiegene war nach seiner Veröffentlichung auf Englisch in den USA im Jahr 2014 sehr erfolgreich. Der Titel erschien auf mehreren angesehenen Listen der besten Bücher des Jahres, unter anderem auf der Bücherliste der New York Times. Der berühmte Literaturkritiker James Wood bezeichnete das Buch in seiner Rezension für The New Yorker als einen „exzellenten und beeindruckenden Roman“ und schlussfolgerte, dass Ullmann eine „sehr genaue Schriftstellerin ist, schonungslos gegenüber ihren Charakteren – eine anregende, scharfsinnige, lyrische, intelligente Romanautorin, die es verdient, im Englischen bekannter zu sein.“

Hanne Ørstavik, Foto: Linda B. Engelberth

Hanne Ørstavik ist eine von Norwegens anerkanntesten und am häufigsten ausgezeichneten zeitgenössischen Autorinnen. In ihren frühen Romanen setzt sie sich mit familiären Beziehungen genauer auseinander. Liebe, aus dem Jahr 1997, handelt von der Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem Sohn und wurde in 22 Sprachen übersetzt; weitere Übersetzungen werden bis heute angefertigt.

Karl Ove Knausgård, Foto: Thomas Wågström

Der vermutlich hellste Stern am norwegischen Literaturhimmel ist Karl Ove Knausgård. Die Veröffentlichung der sechsteiligen Buchreihe mit den Bänden Sterben, Lieben, Spielen, Leben, Träumen, Kämpfen hat Schlagzeilen gemacht. Knausgårds Projekt ist sehr repräsentativ für einen der größten Trends in der modernen norwegischen Literatur: dem Verwischen der Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit, zwischen Belletristik und Sachbuch. Paul Binding schrieb im Times Literary Supplement, dass „sich Knausgård mit seinem Talent, die gesamte, uneingeschränkte Aufmerksamkeit auf die rein persönliche Erfahrung zu lenken, eindeutig in die norwegische Tradition einreiht – neben Ibsen, Knut Hamsun, Edvard Munch, Tarjei Vesaas und Per Petterson.“ Mit Knausgårds Erfolg hat sich die norwegische Literatur als sichtbare und treibende Kraft in der Literaturlandschaft etabliert, wodurch der Stellenwert norwegischer Autoren in der Weltliteratur gestiegen ist

Maja Lunde, Foto: Oda Berby

Maja Lunde ist eine weitere Autorin mit großem internationalem Erfolg. Ihr Roman Die Geschichte der Bienen wurde in 32 Sprachen übersetzt und stand über ein Jahr lang auf deutschen Bestsellerlisten, davon dreizehn Wochen lang auf Platz eins. Ihr nächster Roman Die Geschichte des Wassers schaffte es auch direkt auf die Bestsellerlisten.