Unsere Buchhandlungsfreunde: Kurt von Hammerstein

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Buchhändlerinterview

Heute präsentieren wir unseren Buchhandlungsfreund Kurt von Hammerstein, Inhaber der Buchhandlung Hundt Hammer Stein in der Alten Schönhauser Straße in Berlin.

Kurt von Hammerstein in seiner Berliner Buchhandlung "Hundt Hammer Stein" in der Alten Schönhauser Straße in Berlin, Foto: Privat

Lieber Kurt, warum sind Sie Buchhändler geworden?

Wenn man sich beruflich mit Büchern beschäftigen will, ist das Buchhändlerdasein eigentlich das idealste! Vorausgesetzt, dass man auch Menschen mag (was ja auch nicht jeder tut…). Der Buchhändler muss sich nicht mit unfertigen Manuskripten und mühseligen Autoren rumschlagen, das müssen die armen Leute in den Verlagen tun. Im Gegensatz zum Literaturkritiker muss der Buchhändler nicht ellenlange klug klingende Rezensionen schreiben, um gute Bücher an die Leser zu bringen. Eine einfache Empfehlung reicht meistens schon. Und das schönste: Ich kriege jedes Buch, das ich lesen möchte, einfach so, und darf die ganze Zeit zu allem meinen Senf dazu geben. Besser geht’s nicht!

Beschreiben Sie die letzten Meter ihres Weges, wenn Sie morgens zu Ihrer Buchhandlung kommen…

Auf dem Fahrrad, wenn’s Wetter mitspielt, zum Glück geht’s leicht bergab. Ich überquere die letzte große Kreuzung Tor Ecke Schönhauser und rolle langsam auf der Alten Schönhauser aus. Die letzten Meter gleichen dann einem Slalomlauf, fünf Lieferwagen, die auf der Straße parken, sind eigentlich das Minimum, dem Onlinehandel sei Dank. Aber mit guter Musik im Ohr (zur Zeit entweder Sufjan Stevens zum runterkommen oder Christian Fitness zum Aggressionsabbau) lassen sich auch diese Hindernisse gut überwinden. Vor dem Laden schnell das Fahrrad abgeschlossen und ein kleiner Gang in die Hofeinfahrt zum Briefkasten, ist was angekommen? Was anderes als Rechnungen? Manchmal… Mit der Post in der Hand zur Ladentür, aufgeschlossen, Musik aus, Lichter an, und los geht’s!

Den Tag über… Wenn sich die Tür zu Ihrem Laden öffnet, und jemand hereinkommt....

… komme ich nicht zum Lesen, auch wenn das jeder denkt. Der Tag besteht aus Pakete auspacken, auch Wareneingang genannt, erst die Bücher für die Kunden, dann die für den Laden, gibt’s was neues Spannendes? Haben wir genug Platz um die neuen Bücher unterzubringen? Und dann geht der Tag richtig los: Emails, Anrufe, nette Leute im Laden, immer wieder über Bücher reden, lästern, loben. Und jeden Tag aufs Neue natürlich und leider sehr viel Papierkram, Buchhaltung, Rechnungen, Kataloge sichten. Dazwischen immer wieder spannende Anfragen nach abwegigen Büchern. „Gerne bitte diesen Titel von 1953 im portugiesischem Original. Wie das gibt es nicht mehr? Das kann ich ja nicht fassen, das ist doch so ein gutes Buch…“. Jeder Tag ist anders, es gibt sehr viel Abwechslung, aber immer konstant sind die mindestens 6 Becher Kaffee, hier auch ein Dank an unsere treue großartige Kaffeemaschine!

Was ist das Wunderbare, das geschieht, wenn wir lesen?

Die Welten, die sich vor unserem inneren Auge auftun, wenn wir ein gutes Buch lesen! Die Erkenntnisse, die wir gewinnen, wenn ein kleiner Nebensatz doch gar nicht so klein und nebenbei war, wie man am Anfang dachte. Und immer wieder wunderbar ist es, wenn ein Buch so emotional berührt, dass man tage- und wochenlang immer noch unter dem Eindruck dieses Buches verbringt. Das kann kein Film und keine Serie!

Viele Menschen sagen, ihnen fehle die Zeit zum Lesen. Wo lässt sie sich finden?

Ganz ehrlich: Prioritäten setzen! Es fehlt immer Zeit zu allem. Bei vielen ist es auch nicht die fehlende Zeit sondern die fehlende Lust, aber das lässt sich nicht so gut zugeben.

Was aber wirklich hilft ist, immer (wirklich immer) ein Buch dabei zu haben, denn jeder Tag bietet unverhoffte freie halbe Stunden, die sich mit Lesen füllen lassen.

Gibt es ein Leseerlebnis mit einem norwegischen Buch, an das Sie sich gern erinnern?

Wer hätte es gedacht? Karius und Baktus ist ein Kinderklassiker aus Norwegen. Wie oft ich dieses Buch als Kind gelesen habe! In meiner Erinnerung festgebrannt hat sich die große Wohnung mit Balkon(!), die sich Karius und Baktus in einem Eckzahn bauen, und der Horror, als der Zahnarzt mit dem Bohrer die Wohnung zerstört. Das Buch hat mich allerdings nicht unbedingt zu besserer Zahnhygiene getrieben, was wahrscheinlich die eigentliche Absicht des Autoren war. Dafür waren die beiden einfach zu sympathisch!

Eine bleibende Erinnerung als Erwachsener hinterließ die Lillelord- Trilogie von Johan Borgen bei mir. Mit unglaublicher Beobachtungsgabe, Finesse und Witz beschreibt Borgen die Kindheit seines Helden Wilfred Sagen, der sehr behütet in einer bürgerlichen Familie in Kristiania (jetzt Oslo) vor dem ersten Weltkrieg aufwächst, und dabei erstaunlich bösartig ist!

Besuchen Sie die Website der Buchhandlung Hundt Hammer Stein.

Sie sind selbst auch Buchhändlerin oder Buchhändler und haben Lust sich vorzustellen, dann lesen Sie hier, wie Sie mitmachen könnnen.

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