Unsere Buchhandlungsfreunde: Rosemarie Reif Ruppert

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Buchhändlerinterview

Lassen Sie sich heute durch Rosemarie Reif-Rupperts malerische Beschreibungen auf eine Reise in ihren Alltag als Buchhändlerin mitnehmen.

Rosemarie Reif-Ruppert in ihrer Buchhandlung, Foto: Rainer Kradisch.

Liebe Rosemarie, warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

…weil es einfach nichts Schöneres gibt, als das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Menschen zusammenzubringen. Ich kann mir keinen Beruf vorstellen, der vielseitiger sein könnte: Vergangenheit und Zukunft, die Welt und das Universum, Wissenschaft und fantastische Geschichten – alles, aber auch alles ist zwischen zwei Buchdeckeln zu finden.

Beschreiben Sie doch bitte die letzten Meter Ihres Weges, wenn Sie morgens zu Ihrer Buchhandlung kommen.

Ich gehe links um die Ecke und sehe gleich gegenüber das Haus aus der Gründerzeit aus rosafarbenem, fränkischen Sandstein. Davor unsere Linde, die im Frühsommer herrlich duftet.  Wenn das blaue Fahrrad neben dem Eingang steht, ist die Kollegin schon da und packt wahrscheinlich gerade die ersten Barsortimentskisten aus. Schneller Blick auf den Ausleger, die Elypse aus Metall mit dem Namen unserer Buchhandlung in Jugendstilschrift und dem Baum mit den zwei Lesenden in der Mitte.

Die pittoreske Gostenhofer Buchhandlung in Nürnberg.

Die kleine weißhaarige Griechin aus dem Nachbarhaus kommt mir entgegen, bringt ihre kleine Enkelin in den Kindergarten. Friedel, auf dem Weg zur Arbeit, winkt hoheitsvoll von seinem Fahrrad herab, Hülya und Samira mit ihren schweren Schultaschen haben sich ganz viel zu erzählen: wie sie so schnell vom Türkischen ins Deutsche und wieder zurück wechseln, bewundere ich jedes Mal neu.

So, rechts jetzt unser petrolfarben eingerahmtes Schaufenster, gleich daneben die Treppe rauf, die Jugendstiltüre geöffnet – ich bin da!

Den Tag über...

Wenn sich die Tür zu Ihrem Laden öffnet, und jemand hereinkommt....

…ist das oft ein schon lang bekanntes Gesicht. Viele unserer Kunden kommen schon seit unserer Eröffnung vor 33 Jahren. Mit so Manchem verbindet uns eine lange Freundschaft. Ab und zu kommt mit dem Kunden auch ein Stück selbstgebackener Kuchen. Auch die neu ins Viertel Gezogenen werden hier schnell heimisch.

Ja, wenn sich die Tür öffnet, kommen auch Trauer und Freude, neues Leben und Krankheit, Lebenslust und Schicksale aller Art, das ganze menschliche Leben eben. Wer etwas über Menschen erfahren will, werde Buchhändler!

Und dann wird’s spannend: Welches Buch findet unter unserer Regie ein neues Zuhause?

Was ist das Wunderbare, das geschieht, wenn wir lesen?

Egal was wir lesen, es verändert uns. Wir werden verzaubert von wunderbaren Geschichten, entfliehen mühelos dem Alltag, sind allwissend und allmächtig, bereisen Kontinente und Meere, erforschen ferne Galaxien – und uns selbst! Erleben unglaubliche Abenteuer und die ganz, ganz große Liebe, schlüpfen in die Rolle eines Mörders – oder Heiligen, lernen die Geheimnisse der Natur und ihre Gesetze – und das alles auf dem eigenen Sofa!

Also ehrlich: was kann denn noch vielfältiger und aufregender sein? Der ganze Kosmos steckt in einem Buch und unter unserer Regie im eigenen Kopf.

Viele Menschen sagen, ihnen fehle die Zeit zum Lesen. Wo lässt sie sich finden?

…überall und jederzeit! Muss ja nicht gleich „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ sein. Das Warten an der Supermarktkasse ist gleich weniger ätzend, wenn man sich über die „Känguru-Chroniken“ amüsiert. Und warum den eher spannungslosen Krimi im Fernsehen zu Ende schauen als in einem wirklich spannenden Buch versinken?

Die Zeit zum Lesen lässt sich auch bei uns finden! Wir sperren unsere Kunden einfach ein. Nach Geschäftsschluss können sie in der Buchhandlung nach Herzenslust  schmökern, da gibt’s dann keine Ausreden wie: Ich muss noch arbeiten, abspülen, schnell die Tagesschau gucken… Da gibt’s nur eins: Zeit zum Lesen!

Gibt es ein Leseerlebnis mit einem norwegischen Buch, an das Sie sich gern erinnern?

Aber ja!

An den wunderbar erzählten „Choral am Ende der Reise“ von Erik Fosnes Hansen. Sieben Musiker auf der Titanic, die für die Unterhaltung der Passagiere an Deck der ersten Klasse sorgen, setzen ihre ganze Hoffnung auf die Landung in New York. Ihre – gescheiterten – Lebensentwürfe erzählt Fosnes Hansen so anrührend wie poetisch vor dem Hintergrund einer der größten Katastrophen der Passagier-Schifffahrt.

Gerade lese ich „Die Birken wissen’s noch“ von Lars Mytting. Edvard muss gut gehütete Familiengeheimnisse lüften, um seine eigene Identität zu finden. Sehr spannend und wie ich finde – sehr norwegisch!

Besuchen Sie die Website der Gostenhofer Buchhandlung hier.

Sie sind selbst auch Buchhändlerin oder Buchhändler und haben Lust sich vorzustellen, dann lesen Sie hier, wie Sie mitmachen könnnen!

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