Norwegen - Sprache, Lebensstil, Selbstbewusstsein & Werte

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Geschrieben von VisitNorway

Fast 500 Jahre lang lebten die Norweger unter fremder Herrschaft. Die ersten 400 Jahre wurden sie von Kopenhagen aus regiert, von 1814 bis 1905 befand sich das Land in einer Zwangsunion mit Schweden. Den Wechsel von Dänemark zu Schweden, eine Folge der Napoleonischen Kriege, nutzen die Norweger, um mehr Selbstständigkeit zu erlangen.

Opernhaus Oslo, Foto: Vidar Nordli-Mathisen

Am 17. Mai 1814 wurde in Eidsvoll, einer Kleinstadt 70 Kilometer nördlich von Oslo, eine eigene Verfassung verabschiedet. Wie wichtig dieses Datum und die Verfassung für das nationale Selbstbewusstsein sind, ist daran zu erkennen, dass der 17. Mai das Datum des norwegischen Nationalfeiertags ist.

Ein Land, zwei Sprachen

Das ganze 19. Jahrhundert über gab es in Norwegen starke Bestrebungen, sich von allen Anzeichen der dänischen Herrschaft zu befreien. Man wollte in allem norwegisch werden. Vierhundert Jahre lang war die Amts- und somit auch die Schriftsprache Dänisch gewesen, daher gehörte zur Suche nach einer norwegischen Identität auch die Suche nach der ursprünglichen, nicht vom Dänischen "verseuchten" norwegischen Sprache. Der Sprachforscher Ivar Aasen entwickelte schließlich das Nynorsk („Neunorwegisch“). Diese Schriftsprache basierte im Wesentlichen auf den Dialekten seiner westnorwegischen Heimat. Eine andere sprachliche Erneuerungsrichtung wollte kein völlig neues (altes) Norwegisch, sondern bemühte sich um eine „Norwegisierung“ des amtlichen Dänisch. Daraus entstand das Bokmål („Buchsprache“) genannte Norwegisch. Seit 1885 sind beide Sprachen als offizielle Landessprachen gleichgestellt. Das bedeutet beispielsweise, dass alle amtlichen Formulare und Verlautbarungen in beiden Sprachen vorliegen und ein Viertel aller Radio- und Fernsehsendungen Nynorsk sein müssen.

1905, als Norwegen einseitig seine Unabhängigkeit von Schweden erklärte, bevorzugte über ein Drittel der Bevölkerung Nynorsk, gut einhundert Jahre später ist deren Anteil auf etwa 15 Prozent gesunken. Die meisten Nynorsk-Sprecher leben an der Westküste. Als Tourist begegnet man dem Neunorwegischen am ehesten auf den Briefmarken: Auf manchen steht Norge, auf anderen hingegen Noreg.

Nationales Selbstbewusstsein

Die erste Zeile der norwegischen Nationalhymne lautet: Ja, vi elsker dette landet –Ja, wir lieben dieses Land. Das ist keine leere Floskel. In keinem Gartenfehlt ein Flaggenmast, von dem an offiziellen wie an privaten Festtagen die Fahne flattert. Die Norweger identifizieren sich sehr stark mit ihrem Land. Sie sind eng mit seiner einzigartigen Natur verbunden, auf die sie ebenso stolz sind wie auf seine politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Errungenschaften.

Stolz sind sie beispielsweise auf steinzeitliche Funde wie die Felszeichnungen in Alta, die auf eine lange Besiedlungshistorie schließen lassen, 2011 weckten Funde in der Gegend von Lom große Aufmerksamkeit: Unter den vielen gut erhaltenen Gegenständen aus der Bronzezeit war ein 3.300 Jahre alter Bogen aus Holz.

Zu ihrer Identität gehören natürlich die Wikinger, die mit ihren wagemutigen Fahrten das europäische Mittelalter nachhaltig beeinflussten. Das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert war eine Glanzzeit der kulturellen Erneuerung. Norweger wie Edvard Munch, Knut Hamsun, Henrik Ibsen oder Edvard Grieg verstanden es, Facetten ihrer nordischen Heimat so radikal mit (teilweise skandalös wirkendem) Neuem zu verbinden, dass sie zu abendländischen Ikonen wurden.

Heute ist das Bild des Landes nach innen wie nach außen unauflösbar mit Erdöl und Gas sowie dem immensen Wohlstand verbunden, den die Erdölfunde von 1969 Norwegen bescherten. Diese finanzielle Sicherheit, aber auch die Umsicht, mit der dieses immense Vermögen verwaltet wird, haben dem Land, das lange arm und vergessen an Europas Nordrand lag, eine gehörige Portion Selbstbewusstsein beschert.

Moderner Lebensstil

Norwegen ist fraglos ein sehr modernes Land, und es wird immer urbaner: Inzwischen wohnt fast jeder dritte Norweger im Großraum Oslo. Zugleich behalten die Norweger eine sehr enge Verbindung zur Natur. Das zeigt sich an der großen Zahl von Wochenendhäusern (hytter), die in den Bergen oder am Wasser – Meer oder See – liegen. Skilaufen (das heißt in Norwegen vor allem: Skilanglauf) und Wandern sind außerordentlich beliebte Freizeitbeschäftigungen, Angel- und Jagdausflüge sind für viele Norweger selbstverständlicher Teil ihres Jahres.

Der Wertekanon

Auch gesellschaftlich ist Norwegen eines der modernsten Länder der Welt.

So führte es schon 1913 (als zweites europäisches Land nach Finnland) das allgemeine Wahlrecht für Frauen ein. 1981 erwies sich das Land wieder als Vorreiter: Als weltweit erstes Land verabschiedete man ein Gesetz, das die Diskriminierung von Homosexuellen verbot, 1993 begann die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher und heterosexueller Paare, seit 2009 ist sie erreicht.

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