Gestrickter Erfolg

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Geschrieben von Nora Steenberg, BOK365

Nützlich, unterhaltsam oder einfach therapeutisch? Die Strickwelle erfasst Skandinavien.

„Ich glaube, Stricken ist so beliebt, weil die Leute etwas Persönliches schaffen wollen - für Menschen, die sie lieben, oder für sich selbst“, sagt Ingunn Myklebust, die Strickerin hinter dem Erfolgsbuch #bystrikk (#Urban Knitting) (Pitch/Northern Stories).

Stricken ist schon seit langem ein wichtiger Teil der norwegischen Volkstradition, doch in den letzten Jahren erlebt das Hobby einen beispiellosen Boom. Diese Renaissance des Strickens zeigt sich auch in der norwegischen Bücherwelt. Ständig findet man mindestens ein Strickbuch auf der Sachbuch-Bestsellerliste – oft sogar drei oder vier. Myklebust glaubt, dass der Achtsamkeitsaspekt des Strickens seinen Reiz erklären könnte.

„Man tut etwas Praktisches und Physisches, das obendrein auch nützlich ist. Ein zusätzlicher Bonus des Strickens ist, dass man die Welt ausblenden und Frieden finden kann.“

Neue Strickgenerationen

Vor nicht allzu vielen Jahren war das Stricken die alleinige Domäne der älteren Generation. Doch jetzt greifen häufiger als je zuvor auch junge Leute zu den Stricknadeln. Das führt dazu, dass Stricken zum Zeitgeist gehört, bei dem die jüngeren Generationen sich für DIY-Projekte interessieren, vom Recycling ganz zu schweigen.

Bestseller: Die Strickreihe Klompelompe war der größte Strickerfolg in Norwegen aller Zeiten, Foto: Hanne Andreassen Hjelmås

Wenche Haugsand, Leiterin des Pitch Verlags, weist die Behauptung zurück, dass Stricken jemals unpopulär gewesen sei: „Stricken war doch immer populär, nicht wahr? In den letzten Jahren wurde es nur trendiger und sichtbarer in den Städten.“

In den vergangenen paar Jahren gab es in der Verlagsbranche einige regelrechte „monster seller“ an der Strickfront.

„Die neueste große Strickwelle begann mit Klompelompe“, erklärt Jorunn Sandsmark, Leiterin des Kagge und J.M. Stenersens Verlags.

Klompelompe: Einer von Klompelompes gestrickten Pullovern für ein jüngeres Publikum, Foto: Hanne Andreassen Hjelmås

Hanne Andreassen Hjelmås und Torunn Steinsland sind die Frauen hinter dem lustigen Namen Klompelompe. Seit dem ersten Buch, Klompelompe: Strikk til baby, barn og voksen. (Klompelompe: Bezaubernde Strickprojekte für Babys und Kinder)(Stenersen/Stilton Literary Agency), das 2016 erschien, wurde Klompelompe zum führenden Titel auf dem norwegischen Strickbuchmarkt. Bislang wurden sechs Bücher der Serie veröffentlicht, von der bislang insgesamt rund 300.000 Exemplare verkauft wurden. Jetzt wurden die Bücher in neun Länder verkauft.

Vom Blog zum Buch

Ein Erfolg zieht oft weitere Erfolge nach sich. Im vergangenen Jahr erschien beim Pitch Verlag Ingunn Myklebusts #Bystrikk (#Urban Knitting), das von der Strickwelt sehr positiv aufgenommen wurde. Dieses Jahr erschien der Folgeband, Enda mer #Bystrikk (#More Urban Knitting). Bislang wurden 45.000 Exemplare der Bücher gedruckt und die Rechte in die Niederlande und nach Belgien verkauft.

Urban knitting: Stricken trendy gemacht, Foto: Øystein Iversen

Klompelompe und #Bystrikk starteten beide in den sozialen Medien. Hier bauten die Autorinnen sich eine breite Basis von treuen Lesern auf, die ihnen auf den Buchmarkt folgten.

Ein weiterer Strickerfolg, der in den sozialen Medien begann, ist eine Strickbuchserie von Bitta Mikkelborg, die ihre Strickanleitungen mit den 60.000 Mitgliedern ihrer Facebook-Gruppe teilt. Ihre Strickbücher Sokker (Socken), Kluter (Tücher), Strømper (Strümpfe) und Luer (Mützen)(Pax) haben Mikkelborg an die Spitze der norwegischen Bestsellerlisten katapultiert. Darüber hinaus veröffentlichte sie vier Jahre in Folge einen beliebten Strickkalender. Ihre Bücher wurden nach Schweden und Dänemark verkauft. In Norwegen gingen von ihren Büchern bislang insgesamt 100.000 Exemplare über die Ladentheke.

Nicht nur in Skandinavien

Bereits vor der derzeitigen Strickwelle ebneten Arne und Carlos den Weg für trendige, originelle Strickprojekte. Das Designerduo beschäftigt sich seit 2008 mit dem Stricken. Ausgehend von traditionellen Mustern, entwickelten sie ihren eigenen unverwechselbaren Stil. 2010 gaben sie Julekuler (Christbaumkugeln)(Cappelen Damm Agency) heraus, das sofort zum Verkaufshit wurde. Seitdem publizierten sie Bücher wie Strikkedukker (Strickpuppen), Håndarbeid fra Hagen (Handarbeit für den Garten) und 30 tøfler, ett grunnmønster (30 Pantoffeln, ein Grundmuster). Die Bücher wurden in 15 Länder verkauft und erreichten in Norwegen insgesamt Verkaufszahlen von 220.000 Exemplaren.

Berühmte Stricker: Arne Nerjordet und Carlos Zachrison, Foto: Cappelen Damm

Wie das internationale Interesse an norwegischen Strickbüchern belegt, ist der moderne Stricktrend nicht nur ein skandinavisches Phänomen.

„Stricken scheint in vielen europäischen Ländern auf dem Vormarsch zu sein.“ Die Klompelompe-Autorinnen Torunn Steinsland und Hanne Hjelmås Andreassen erzählten mir kürzlich, dass die meisten ihrer Instagram-Follower aus Skandinavien stammen, während sie sich gleichzeitig über eine stetig wachsende Zahl von Followern aus vielen anderen Ländern freuen können. Nach Auskunft von Petter Bakketeig von der Stilton Agentur wird Skandinavien gefolgt von Russland und der Türkei.

Aus dem Norwegischen von Inge Werhmann

Sachliteratur