Gedicht der Woche, Woche 35: Mona Høvring "Die Nymphen zogen weiter"

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Lassen Sie sich, mit 52 Gedichten, wöchentlich mitnehmen auf eine Reise, die Ihnen im Gastlandjahr 2019 die Poesie aus Norwegen näherbringt.

DIE NYMPHEN ZOGEN WEITER Die Mädchen, die als Blumen zurückkamen, erwachten im Wald, betäubt und durstig, sie zogen sich ans Licht, und das Licht produzierte Wärme, ohne dafür Bezahlung zu nehmen, das Licht wohnte in den Pflanzenzwiebeln, in den Erdknollen, im Samen, im Frieden, und der Friede wohnte im Gebirge, der Friede war eitel, er hatte keine Feinde. Und die Mädchen schwollen an beim Fluss, wuchsen sich frivol, den ganzen Tag hatten sie Lust auf Äpfel, Äpfel, die die Grundlage aller Sünde waren, aber die Sünde gab es nicht, die Sünde war abgeschafft, sie war mythisch wie das streitbare Schaf. Übersetzung von Annette Vonberg
NYMFENE DRO SIN VEI Jentene som kom tilbake som blomster våkna numne og tørste i skogen, de dro seg mot lyset, og lyset produserte varme uten å ta seg betalt, lyset budde i planteløkene, i jordknollene, i frøa, i freden, og freden budde i fjella, freden var forfengelig, den hadde ingen fiender. Og jentene svulma ved elva, vokste seg frivole, hele dagen hadde de lyst på epler, epler som var grunnlaget for all synd, men synda fantes ikke, synda var avskaffa, den var mytisk som den stridige sauen.

Aus Mona Høvring (1962), Ekornet og den vaklevorne brua, dikt og salmer, Forlaget Oktober, Oslo 2010.

Gedicht der Woche. 52 Gedichte durch das Jahr

Seit den ersten Niederzeichnungen mit Felszeichnung und Runeninschrift, genießt die Dichtung und die Poesie eine starke Stellung in Norwegen. Durch die wöchentliche Präsentation eines Gedichts im Jahr 2019, möchten wir die Qualität und Vielfältigkeit der norwegischen Poesie beleuchten. "Gedicht der Woche" stellt 52 Gedichte vor, die vom Jahresablauf und den wechselnden Jahreszeiten inspiriert sind. Die Auswahl ist von Annette Vonberg und Tone Carlsen getroffen worden und umfasst Lyrik von den ersten Handschriften bis hin zu zeitgenössischer Poesie.

Gedicht der Woche