10 junge Schriftsteller

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Geschrieben von BOK365

10 spannende norwegische Schriftsteller, die Sie sich dieses Frühjahr ansehen sollten!

Zeshan Shakar

Zeshan Shakar, Foto: Julie Pike

Schon lange hat es in Norwegen keinen so erfolgreichen Nachwuchsauator mehr gegeben wie Zeshan Shakan (*1982).

Norwegens Taschenbuchhit in diesem Sommer war kein Krimi, Thriller oder Unterhaltungsroman. Nein – Norwegens meistgelesenes Buch in den heißen Sommermonaten Juni und Juli war Zeshan Shakars von der Kritik gefeierter Coming-of-Age-Roman Tante Ulrikkes vei (Tante-Ulrikkes-Weg, Gyldendal Agency), der während der 2000er-Jahre im Osloer Stadtteil Stovner spielt.

Die hohen Verkaufszahlen des Sommers sind Teil einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte für Shakar und Tante Ulrikkes vei. Er gewann bereits Norwegens renommiertesten Preis für Nachwuchsautoren (Tarjei Vesaas‘ debutantpris). Sein Buch erhielt äußerst positive Rezensionen und wurde von den sechs größten norwegischen Zeitungen als eines der besten Bücher des Jahres gepriesen.  

„Ein eindrucksvoller, wichtiger und stilistisch gelungener Roman über Kindheit und Jugend der zweiten Migrantengeneration in Oslos Vortorten“, lautet eine Buchkritik in der Zeitung Verdens Gang (VG).

Shakar hat sich als höchst literarische und authentische Stimme profiliert, und beschreibt die Situation von Immigranten der zweiten Generation, die sich als Mitglieder und gleichzeitig als Außenseiter der norwegischen Gesellschaft fühlen.

Der Roman spielt im Nordosten von Oslo in den 2000er-Jahren. Zwei Jungen wachsen im Tante-Ulrikkes-vei im Osloer Stadtteil Stovner auf. Ihre Eltern hatten Hoffnungen. Doch sie selbst stecken fest zwischen den Vororten und der übrigen Gesellschaft, zwischen Autowaschanlage und Mensa, zwischen Examensnoten und Drogen.

Tiril Broch Aakre

Tiril Broch Aakre, Foto: Heidi Furre

„Sie ist scharfsinnig und mutig, doch gleichzeitig sensibel und sehr verletzlich.“

Tiril Broch Aakre (*1976) gilt als eine von Norwegens stärksten und klarsten neuen Prosastimmen.

„Tiril Broch Aakre ist ein literarisches Naturtalent. Bereits in ihrem ersten Buch Redd barna (Rettet die Kinder), das 2015 erschien und sehr gute Kritiken und den Jugend-Kritikerpreis (Ungdommens Kritikerpris) erhielt, fand sie ihre eigene literarische Stimme. Ihr im Jahr darauf erschienener zweiter Roman Fjällräven gull (Fjällräven gelb) (Flamme/Capellen Damm) wurde ebenfalls sehr positiv aufgenommen. Wie andere starke Autoren verfügt Broch Aakre über scheinbar widersprüchliche literarische Fähigkeiten. Sie ist scharfsinnig und mutig und gleichzeitig sensibel und sehr verletzlich. Wäre sie in den 1920er-Jahren ein Mann gewesen, wäre sie mit Hemingway durch die Kneipen gezogen. Und er hätte ihre Manuskripte gestohlen. Vielleicht könnte man es so ausdrücken: So wie das Blut alle kleinen und großen Organe des Körpers am Leben erhält, so erweckt Broch Aakres Prosa alle großen und kleinen Figuren ihrer Bücher zum Leben – wobei sie eine besondere Liebe und Fürsorge für jene zeigt, die schutzlos oder gefährdet sind; diejenigen, die im Leben benachteiligt sind und einen langen Weg vor sich haben. Broch Aakre begleitet sie mit Freude auf ihrem Weg“, sagt Nils-Øyvind Haagensen, Lektor beim Flamme Verlag.

Lars Petter Sveen

Lars Petter Sveen, Foto: Tine Poppe

Lars Petter Sveen folgt jungen Menschen auf ihrer Flucht.

Als Jo Nesbø 2008 den Norwegischen Buchclubpreis gewann, vergab er einen besonderen Preis von 50.000 Kronen – bestimmt für einen „vielversprechenden norwegischen Autor“ – an Lars Petter Sveen (*1981).Auch Sveens zweites Buch, ein Roman mit dem Titel Eg kjem tilbake (Ich komme zurück, 2011), erhielt begeisterte Rezensionen. Guds barn (Children of God, Kinder Gottes 2014) war sein drittes Buch und sein literarischer Durchbruch. Es wurde nach Dänemark, Schweden, Frankreich, China und in die USA verkauft.

Seine beiden darauffolgenden Bücher Fem stjerner (Fünf Sterne, 2017) und Fem skuggar (Fünf Schatten, 2018) (Aschehoug/Oslo Literary Agency), handeln von fünf jungen Menschen, die aus Somalia nach Europa und Norwegen fliehen.

„Das von den Kritikern gefeierte Guds barn (Children of God, Kinder Gottes), mit dem Sveen unter anderem den Per-Olov-Enquist-Preis gewonnen hat, ist im Oktober bei America’s Graywolf Press auf Englisch erschienen. Ich bin sehr gespannt, was die amerikanischen Kritiker über das Buch denken werden“, sagt Annette Orre, Oslo Literary Agency.

Gine Cornelia Pedersen

Gine Cornelia Pedersen, Foto: Pernille Marie Walvik

„Energiegeladen, sensibel und einfühlsam.“ So wird Gine Cornela Pedersens Literatur beschrieben.

Gine Cornelia Pedersen (*1986) erhielt 2013 den Tarjei-Vesaas-Debutantpreis für ihren von den Kritikern gefeierten Roman Null (Zero), der in diesem Herbst auf dem englischen Markt erscheint. Ein zweiter Roman Kjærlighetshistorie (Liebesgeschichte) folgte 2015. Vår i det hinsidige (Frühling im Jenseits, Cappelen Damm) ist Pedersens dritter Roman. Pedersen ist in Norwegen auch als Schauspielerin sehr bekannt.

Kari Joynt, Cheflektorin bei Cappelen Damm, beschreibt sie folgendermaßen: „Gine Cornelia Pedersen verfügt über eine einzigartige literarische Ausdruckskraft – energiegeladen, sensibel und einfühlsam. Schon seit ihrem ersten Roman, Null, ist es ihr gelungen, eine kraftvolle, dichte Prosa zu schaffen, die vor allem bei vielen jungen Lesern einen Nerv getroffen hat. Sie erhielt den Tarjei-Vesaas-Preis für dieses Buch. Pedersen stellt die grundlegende Frage: Was ist ein Mensch? Sie portraitiert die Verwundbaren, die Hoffnungsvollen, die Suchenden, die Verzweifelten, die Liebenden und die Verlorenen.“

Roskva Koritzinsky

Roskva Koritzinsky, Foto: Håkon Borg

Der jüngsten Nominierten für den Nordic-Council-Preis wird eine große Zukunft vorausgesagt.

Roskva Koritzinsky (*1989) veröffentlichte 2013 ihr erstes Buch, eine Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel Her inne et sted (Irgendwo hier drinnen). Koritzinskys Buch wurde für den Tarjei-Vesaas-Debutantpreis nominiert und gewann das Aschehoug-Debutantstipendium. Es folgten zwei weitere von den Kritikern gelobte Bücher, Flammen og mørket (Die Flamme und die Dunkelheit) im Jahr 2015 und Jeg har ennå ikke satt verden (Ich habe die Welt noch nicht gesehen) im Jahr 2017 (Aschehoug/Oslo Literary Agency). Koritzinsky wurde von NORLA für die erste Gruppe junger Autoren ausgewählt, die Norwegen und die neue norwegische Literatur auf internationalen Buchmessen und Seminaren repräsentieren wird.

„Ein unglaublich ausdrucksstarkes Schreibtalent, und wir haben gerade erst den Anfang erlebt“, sagt Annette Orre, Oslo Literary Agency.

Susanne Skogstad

Susanne Skogstad

Es ist ein gewagter Schritt für eine junge Nachwuchsautorin, die Sicht einer älteren Frau als Erzählperspektive zu wählen.

„Es passiert selten, dass die Welt beim Lesen eines Manuskripts stillzustehen scheint. Als wir Svartsvilla (Schwarze Villa) zum ersten Mal lasen, war es einer dieser seltenen Augenblicke. Die junge Autorin schreibt ausdrucksstark und schön über große Fragen, in einer Sprache, die so präzise und fesselnd ist, dass man kaum glauben kann, dass es Skogstads erster Roman ist“, sagt Anne Gaathaug vom Gloria Forlag.

Susanne Skogstad (*1992) hat mit ihrem Erstlingsroman Svartsvilla (Schwarze Villa, Gloria/Hedlund Agency) beträchtliche Aufmerksamkeit erlangt.

Die Protagonistin und Erzählerin des Buches ist eine ältere Frau, deren Ehemann vor Kurzem verstorben ist. Ihre Trauer ist so tief, dass sie wie gelähmt davon ist. „Ich kann mich nicht vorwärtsbewegen, ich kann nur hier sitzen und zurückblicken, denn in der Zukunft gibt es dich nicht.“

Norwegische Rezensenten waren sehr begeistert. „Das Buch zeugt von großem literarischem Talent. Thematik und Schreibstil lassen den Einfluss Jon Fosses erkennen“, schrieb May Grethe auf BOK365.no.

Gunnhild Øyehaug

Gunnhild Øyehaug, Foto: Helge Skodvin

Present Maskin (Präsensmaschine) ist ein Roman über die unabdingbare Einsamkeit des Lebens. Und über die Liebe.

„Seit die Kurzgeschichtensammlung Knots in den USA erschien und hervorragende Kritiken erhielt, ist die Welt auf das Werk dieser Autorin aufmerksam geworden. Knutar (Knots, Knoten) wurde jetzt in die Niederlande und nach Dänemark verkauft, und weitere Länder haben ebenfalls Interesse bekundet“, sagt Anne Cathrine Eng, Gyldendal Agency.

„Øyehaugs vor Kurzem übersetzte Sammlung stellt verschiedene Arten menschlicher Verstrickungen dar: von problembehafteten Familien und ersten Liebesbeziehungen bis zu eher metaphysischen Experimenten, bei denen ein knapper, minimalistischer Stil mit liebenswert exzentrischen Gedanken kombiniert wird … Øyehaugs Geschichten sind sowohl originell als auch erfreulich feinfühlig und nachdenklich“, wird Knots in Publishers Weekly beschrieben.

In diesem Herbst hat Gunnhild Øyehaug (*1975) ihren Roman PresensMaskin (Präsensmaschine, Kolon/Gyldendal Agency) herausgegeben: Presens Maskin handelt von Anna und ihrer Tochter Laura. Als sich die Welt in den 1990er-Jahren von einer Sekunde zur anderen in zwei Paralleluniversen aufspaltet, ist jede Frau in ihrem Teil gefangen. Ein Vierteljahrhundert später, nachdem das Leben weitergangen ist, als sei nichts geschehen, gibt es im Leben beider Frauen etwas, das keinen Sinn ergibt.

Lotta Elstad

Lotta Elstad, Foto: Oda Berby

Lotta Elstads Bücher sind voll von scharfsinnigem, klugem Humor.

Neben einigen erfolgreichen Sachbüchern und Romanen, schrieb Lotta Elstad (*1982) für verschiedene größere Zeitungen.

„Seit ihrem Debütroman En Såkalt drittjobb (Ein sogenannter Drecksjob, 2008), wechselte Lotta Elstad recht erfolgreich zwischen Sachbuch und Belletristik. Mit den drei Romanen, die sie bislang herausgegeben hat, erreicht sie eine ständig wachsende Leserschaft. Ihr Roman Jeg nekter å tenke (Ich weigere mich zu denken/Cappelen Damm Agency, Flamme 2017) ist der bisherige Höhepunkt ihres Schaffens. Elstads Romane spiegeln ihr beachtliches Wissen über die Gesellschaft und die Zeit, in der wir leben – vermittelt auf geistreiche, ausdrucksstarke Weise und in stilistisch kohärentem Tonfall. Ein typisches Merkmal von Elstads literarischem Schreiben ist ihr schwarzer, manchmal frecher und unprätentiöser Humor. Und dennoch besteht kein Zweifel, dass Elstads Intention vor allem ernst ist und dass sie auch in Zukunft in der Öffentlichkeit präsent bleiben wird, sowohl in öffentlichen Debatten als auch als Autorin. Ihr feministisches Projekt wird fortgeführt; es ist notwendig“, sagt Geir Nummedal, Redaktionsleiter des Flamme Verlags.

Eivind Hofstad Evjemo

Eivind Hofstad Evjemo, Foto: Maja Hattvang

Wenn Leute gebeten werden, die vielversprechendsten norwegischen Autoren zu nennen, ist ein Name immer dabei: Eivind Hofstad Evjemo.

Eivind Hofstad Evjemo (*1983) machte sich schon früh einen Namen. 2009 erhielt er den Tarjei-Vesaas-Debutantpreis für seinen ersten Roman Vekk meg hvis jeg sover (Weck mich, wenn ich einschlafe). Über seinen zweiten Roman Det siste du skal se er et ansikt av kjærlighet (Das Letzte, das du sehen wirst, ist ein liebevolles Gesicht, 2012) (beide Cappelen Damm Agency) schrieb Verdens-Gang-Redakteurin Mari Nymoen Nilsen: „Evjemo nimmt uns mit in eine ganze Gesellschaft und erschafft den Rhythmus des Lebens und des Alltäglichen bis ins kleinste Detail. Und das Ganze wird ernst genommen und in äußerst feinsinniger Sprache geschildert. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen solchen Roman von einem norwegischen Autor gelesen zu haben.“

„Es ist nahezu unmöglich, die Wirkung und die Tiefe von Eivind Hofstad Evjemos Werk zu beschreiben, doch wenn ich sein Werk mit einem Wort zusammenfassen müsste, wäre es ‚Empathie‘. Er schreibt über Menschen, die versuchen, in unserer oft so verwirrenden Welt ihren Weg zu finden, mit einem Gefühl der Furcht, aber auch mit Hoffnung. Sein Werk ist sowohl persönlich als auch politisch. Oder treffender: Das Persönliche in seinem Werk ist politisch, und das Politische rückt näher an uns heran, und scheint irgendwie leichter verständlich zu sein. Während des Lesens fühlen wir uns versunken, bewegt, unterhalten und überrascht. Und nach dem Lesen der Bücher sind wir irgendwie verändert und stellen fest, dass selbst die alltäglichsten Dinge lebendig wirken. Sie erhalten einen Sinn, der ihnen Leuchtkraft und Glanz verleiht“, sagt John Erik Riley, Redaktionsleiter bei Cappelen Damm.

Helga Flatland

Helga Flatland, Foto: Niklas Lello

Helga Flatland schaffte ihren Durchbruch im Herbst letzten Jahres mit ihrem Roman En moderne familie, der ihr den norwegischen Buchhandlungspreis (norsk bokhandlerpris) einbrachte.

Der Name Helga Flatland (*1984) ist norwegischen Lesern nicht unbekannt. Sie etablierte sich bereits 2010 mit ihrem Debütroman Bli hvis du kan. Reis hvis du må (Bleib, wenn du kannst. Geh, wenn du musst), der mit Preisen und überschwänglichen Rezensionen überschüttet wurde. Doch der richtige Durchbruch kam erst im letzten Jahr mit En moderne familie (Aschehoug/Oslo Literary Agency), mit dem sie allem Anschein nach eine neue und auch internationalere Leserschaft gewinnen wird.

„Der Roman hat einen Nerv bei den norwegischen und skandinavischen Lesern getroffen, und 2019 wird er bei enthusiastischen Verlagen auf Deutsch und Englisch erscheinen. Und in diesem Herbst hat Helga Flatland Auftritte beim Kopenhagener Book Forum und auf der Buchmesse in Göteborg“, sagt Annette Orre, Oslo Literary Agency.

Flatland erhielt großes Lob für ihre Beschreibung menschlicher Erfahrungen wie Trauer, Bindungen und Trennungen. Ähnliche Themen tauchen auch in En moderne familie auf, als Toril und Sverre beschließen, sich zu trennen – nach vierundvierzig Ehejahren. Sie sind siebzig Jahre alt, kürzlich in Rente gegangen und sie haben das Gefühl, das Projekt Familie abgeschlossen zu haben. Doch ihre drei erwachsenen Kinder sehen das anders.

Aus dem Norwegischen von Inge Wehrmann

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