Wir müssen die Geschichte kennen, um Anteil zu nehmen

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Written by Nora Steenberg, BOK365

„Noch immer gibt es sehr viele Frauen auf der Welt, die ihre Kämpfe noch nicht gewonnen haben. Und damit wir an ihren Kämpfen Anteil nehmen können, müssen wir unsere eigenen kennen“, sagt Marta Breen.

Autorin Marta Breen (Foto: Maria Gossé) und Illustratorin Jenny Jordahl (Foto: Vidar Schiefloe)

Marta Breen hat mit der Illustratorin Jenny Jordahl eine Graphic Novel über den Kampf der Frauen für ihre Rechte verfasst. Nun ist das Buch auf Deutsch erschienen.

Rebellische Frauen – Women in Battle (norw. Kvinner i kamp, aus dem Norwegischen von Nora Pröfrock) erzählt die Geschichte der zahlreichen dramatischen Kämpfe der Frauenbewegung von den Suffragetten zu #MeToo. Obwohl über die Unterdrückung der Frauen bereits im Mittelalter diskutiert wurde, bewegte sich erst etwas, als die Frauen anfingen, sich Mitte des 19. Jahrhunderts zu organisieren“, erzählt Marta Breen.

Mit Jenny Jordahl hat sie bereits bei einigen in Norwegen erschienenen Büchern zusammengearbeitet, unter anderem bei Das F-Wort (norw. F-ordet) und 60 Frauen, die du kennen solltest (norw. 60 damer du skulle ha møtt). Diese Bücher befreiten historische Frauenfiguren aus ihren ewigen Nebenrollen und stellten sie ins Rampenlicht. Rebellische Frauen – Women in Battle ist da keine Ausnahme.

„Nachdem ich in dem vorherigen Buch 60 Frauen, die du kennen solltest über norwegische Wegbereiterinnen der Frauenbewegung geschrieben habe, war es ganz normal, den Blick nun auf internationale Pionierleistungen von Frauen zu richten“, sagt Breen.

Zensierte Brustwarzen

Marta Breen und Jenny Jordahls Rebellische Frauen – Women in Battle wurde in Norwegen schnell ein Bestseller, als es 2018 zum Internationalen Frauentag am 8. März erschien. Seither ist das Buch in zweiundzwanzig Länder verkauft worden. Breen ist erfreut über den großen internationalen Erfolg:

„Ich kann es kaum glauben, und ich freue mich jedes Mal wieder, wenn ein neues Land Interesse zeigt. Allerdings wusste ich von vornherein, dass das Interesse an Frauengeschichte zunimmt, und außerdem habe ich recherchiert, was auf dem internationalen Markt fehlte. Man könnte also durchaus sagen, dass es eine Art Plan für das Buch gab.“

Rebellische Frauen –Women in Battle wurde reich illustriert von der preisgekrönten Illustratorin Jenny Jordahl. Die Bilder zeigen viele Aspekte des historischen Frauenkampfs, unter anderem auch Frauen oben ohne. Allerdings waren diese Illustrationen für einige Länder eine zu harte Kost, sodass Jordahl sich gezwungen sah, einige Bilder für die Veröffentlichung zu zensieren, unter anderem in den USA. Für Marta Breen ein erstaunlicher Vorgang:

„Ich finde es unglaublich, dass Brustwarzen eine solche provozierende Kraft haben – selbst als Comic. Man sollte meinen, dies sei seit den 1960er Jahren überwunden. Aber wir haben uns entschieden, die Sache mit den Brustwarzen zu akzeptieren, um die Geschichte so weit wie möglich zu verbreiten, allerdings würden wir niemals akzeptieren, Frauen auf andere Weise zu bedecken, um das Buch unterschiedlichen Kulturen anzupassen. Wir haben selbstverständlich auch nein gesagt, als wir gefragt wurden, ob wir bereit sind, das Kapitel über lesbische und homophile Frauen zu entfernen. Es ist erschütternd, dass man so etwas gefragt wird.“

Illustration aus der norwegischen Ausgabe.
Illustration aus der US-amerikanischen Ausgabe.

Trotz eines derart unterschiedlichen Blicks auf Frauen in den verschiedenen Teilen der Welt, ist Marta Breen von einigen Ländern, in die das Buch bisher verkauft wurde, positiv überrascht:

„Das Buch erzählt ja unter anderem vom Kampf für eine selbstbestimmte Abtreibung, daher ist es überraschend und sehr gut, dass viele konservative Länder das Buch gekauft haben. Zum Beispiel Brasilien, Ungarn, die Türkei, Russland und Ägypten.“

Der Frauenkampf heute

Breen weist darauf hin, dass der Frauenkampf heute anders ist, als der Kampf der Frauen, den die Welt noch vor einigen Generationen sah:

„Die Welt ist anders als vor vierzig Jahren und damit ist auch der Feminismus anders. Heute beschäftigen sich viele mit der engen Verbindung zwischen Sexismus, Rassismus und anderen Formen der Unterdrückung. Hinter uns liegen viele Jahrzehnte mit Geschlechter- und Genderforschung, und das prägt natürlich die Diskussionen. Das Wissensniveau ist generell hoch, mit Vorurteilen und Oberflächlichkeit kommt man heute nicht mehr weit.“

Viele junge Frauen möchten sich nicht als Feministinnen verstehen, da es ein zu belasteter Begriff ist. Das heißt allerdings nicht notwendigerweise, dass diese Frauen nicht auch gleiche Rechte fordern, meint Marta Breen: „Es hat immer viele Frauen in der Gesellschaft gegeben, die sich nicht als Feministinnen begriffen haben. Ebenso wie nicht alle herumlaufen und sich Antirassisten nennen. Das bedeutet jedoch nicht, dass man gegen die Gleichstellung oder ein Rassist ist. Viele sind allerdings der Ansicht, dass politisches Engagement zu mühsam, langweilig und unangenehm ist.“

Ein Beitrag zum Kampf

„Wir hoffen, dass das Buch sowohl Jugendliche als auch Erwachsene erreicht, denn es gibt auf diesem Gebiet große Wissenslücken. Die Geschichten darüber, wie Frauen sich gegen Unterdrückung erhoben haben, sollten eigentlich als Basiswissen in der Schule gelehrt werden. Noch immer gibt es sehr viele Frauen auf der Welt, die ihre Kämpfe noch nicht gewonnen haben. Und damit wir an ihren Kämpfen Anteil nehmen können, müssen wir unsere eigenen kennen“, sagt Marta Breen.

Das Buch stellte starke Frauenpersönlichkeiten aus den vergangenen einhundertfünfzig Jahren vor. Es sind Frauen, die für gleiche Rechte und die Abschaffung von geschlechtlicher Diskriminierung gekämpft haben. Vor allem eine Frau findet Breen besonders faszinierend:

„Die Amerikanerin Margaret Sanger! Sie führte auf eigene Faust in den USA die Verhütung ein und musste dafür ins Gefängnis. Dann initiierte sie die Forschung, der wir heute die Anti-Babypille verdanken. Man kann sagen, dass sie die sexuelle Revolution losgetreten hat.“

Und die deutschen Leser und Leserinnen können sich auf ein eigenes Kapitel über eine deutsche Pionierin freuen, so Marta Breen:

„Wir haben ein eigenes Kapitel über Frauen in der Arbeiterbewegung, in dem es unter anderem um Clara Zetkin geht, deren Verdienst, gemeinsam mit anderen, die Einführung des Internationalen Frauentags am 8. März war.“

Und was soll der Leser aus dem Buch mitnehmen:

„Die Geschichten darüber, wie Frauen sich gegen die Unterdrückung erhoben haben, sollte Basiswissen an den Schulen sein. Noch immer gibt es sehr viele Frauen auf der Welt, die die ihre Kämpfe noch nicht gewonnen haben. Und damit wir an ihren Kämpfen Anteil nehmen können, müssen wir unsere eigenen kennen“, so Marta Breen.

Aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenberg.

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